Die überraschend einleuchtenden Gefahren des positiven Denkens

positiv denken


Mit dem Aufstieg des positiven Denkens ist der Fokus der Menschheit und der Gesellschaft darauf gefallen, das Glück zu maximieren. Das Streben nach Glück, genauer gesagt – das Streben nach positiven Emotionen – hat das Bewusstsein unser Zeit erobert.

Auf der einen Seite ist dieser Aufstieg auch sehr lobenswert und hat eine Menge spannender und wertvoller Erkenntnisse gebracht. Auf der anderen Seite bringen das einseitige positive Denken und das Streben nach Glück auch Gefahren mit sich.

Viele Menschen glauben durch die Idealisierung des positiven Denkens, dass sie nun „schlechte“ negative Emotionen nicht mehr zulassen dürfen. Die unterbewusste Nachricht, die gesendet wird, ist, dass etwas nicht mit dir stimmt, wenn du einmal negative Gedanken hast. Die Folge ist das Leugnen scheinbar negativer Gefühle.

So funktioniert unser menschlicher Verstand jedoch nicht. Das erinnert mich an meinen kleinen Cousin, der sich beim „Versteckspiel“ die Augen mit einem Kissen zuhält, damit ich ihn nicht sehe. Genauso ist es mit negativen Emotionen. Nur weil wir die Augen davor verschließen, heißt es nicht, dass sie weg sind.

Nicht nur Philosophen haben damals schon erkannt, dass zu einem erfüllten Leben nicht nur positive Gefühle gehören, sondern auch die moderne Psychologie belegt, dass ein Sinn, für den wir bereit sind zu leiden, einen großen Wert in unserem Leben haben kann. Denn auch negative Emotionen haben einen Wert und Vorteile, die nicht zu verachten sind.

Eine Geschichte über das Streben nach Glück

Vor ungefähr  2500 Jahren wurde am Fuße des Himalayagebirges (im heutigen Nepal) ein Prinz geboren.

Die Eltern beschlossen ihn innerhalb des Palastes in einer künstlichen – perfekten – Welt großzuziehen. Dem Prinz sollte jeder Wunsch von den Lippen abgelesen werden und er sollte nie einen Moment des Leidens spüren. Sein Vater, der König, baute hohe Mauern, um den Prinzen von der Außenwelt fern zu halten.

Die gesamte Kindheit dieses Prinzen verlief nach diesem Muster. Trotzdem wurde der Prinz nicht glücklich und fühlte eine innere Leere. Jede Erfahrung fühlte sich blass und wertlos an. Egal, was sein Vater ihm gab: Er konnte nie einen Wert daraus ziehen. Nichts schien von Bedeutung zu sein und nichts war „genug“.

Dies hielt bis zu seinem Erwachsenenalter an, bis er bei heimlichen Ausflügen, die Schattenseiten des Lebens kennen lernte. An drei aufeinander folgenden Tagen sah er einen schwer kranken Menschen, einen alten Menschen und einen Toten. Er verstand plötzlich, dass weltliche Freuden, Schönheit, Kraft und Jugend vergänglich waren.

Als er in den Palast zurückkehrte, fand er sich in einer Existenzkrise wieder. Er beschuldigte sogar seinen Vater, der ihm nur Gutes tun wollte, dass er diese Seite des Lebens vor ihm versteckt gehalten hatte. So entschied er sich aus der sicheren Heimat zu flüchten. Er beschloss, seine adlige Herkunft hinter sich zu verlassen.

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Sechs Jahre lang widmete er sich der Askese. Nachdem er als Prinz alle Freuden des Körpers und der Sinne erfahren hatte, glaubte er jetzt, seine Emotionen allgemein – besonders die positiven Emotionen – seien das Problem und ihre Unterdrückung führe zu mehr geistiger Klarheit.

So hungerte er sich fast zu Tode – nur um später zu erkennen, dass Askese nicht nur den Körper, sondern auch seinen Geist schwächte und ihn seinem Ziel nicht näher brachte. Diese Erfahrung war ein weiterer Wendepunkt in seinem Leben – seine Abkehr von den Extremen.

Vollkommen verwirrt setzte er sich in die Nähe eines Flusses unter einen Baum und bemerkte, dass weder Reichtümer noch Leid ihm Erfüllung brachten, wenn er sie ohne Sinn verfolgte. Laut der Legende saß er insgesamt 49 Tage unter dem Baum. Man kann sich natürlich über die historische Wahrheit der Geschichte streiten, aber das soll jetzt nicht Gegenstand dieses Blogartikels sein.

Der Name des Prinzens war übrigens Siddhartha Gautama– auch bekannt als der Buddha. Was man aber sagen kann ist, dass Buddha zu einer Reihe von tiefen Einsichten kam.

Eine davon ist: Solange wir Menschen sind, die lieben und leben, gibt es immer ein Teil von negativen Emotionen und Leid. Es gibt also keinen Grund sich zu verurteilen- auch wenn das von den Gurus des positiven Denkens manchmal propagiert wird. Arme Menschen leiden. Reiche Menschen leiden. Menschen ohne Familie leiden. Menschen leiden wegen ihrer Familie. Es gibt Menschen, die Besitztümer und Ruhm anhäufen und leiden. Auf der anderen Seite leiden Leute, aber auch, die ihnen vollkommen abschwören.

Die Gefahren des einseitigen positiven Denkens

Besonders durch den Film und das gleichnamige Buch „The Secret“ ist in den letzten Jahren eine Bewegung aufgekommen, die negatives Denken „verteufelt“. „Verteufelt“ ist ein starkes Wort, aber trifft in diesem Fall den Nagel auf den Kopf. Das Konzept hinter dem Buch „The Secret“ nennt sich Gesetz der Anziehung und auf einen Satz herunter gebrochen, steht Folgendes dahinter: Jeder negative Gedanke, jedes Gefühl oder jede Emotionen blockiert das Gute in deinem Leben.

Wörtlich heißt es in dem Buch:

Das Gesetz der Anziehung gilt generell, für alles und alle. Es gilt für alles, das existiert. Jeder Gedanke, den wir denken, jedes Gefühl, das wir fühlen, zieht ähnliche oder gleichartige Gedanken und Gefühle an. Es reicht schon aus, dass wir etwas aufmerksam betrachten. Dies erzeugt Gedanken und jeder Gedanke ruft entsprechende Gefühle und Schwingungsmuster hervor.

Das New Age-Konzept des „Gesetzes der Anziehung“ deutet darauf hin, dass die Visualisierung das einzige ist, was wir brauchen, um Reichtum, Beziehungen, Glück und Gesundheit zu erreichen. „Es gibt eine tiefe Tendenz in der menschlichen Natur, genau das zu werden, was man sich als Sein visualisiert“, sagte Norman Vincent Peale- ein Befürworter dieses Gesetzes der Anziehung.

Im März 2007 wurde Bob Proctor, einer der „Experten“, der am meisten von Rhonda Byrne zitiert wurde, von Cynthia McFadden in einer TV-Show interviewt

MCFADDEN: Kinder in Darfur verhungern…

PROCTOR: Ja.

MCFADDEN: Haben die Kinder diesen Hunger durch das Gesetz der Anziehung angezogen?

PROCTOR: Ich … ich … ich glaube das Land hat es angezogen.

Für viele Millionen Menschen, die Anhänger der „The Secret“-Bewegung sind, ist es beinahe schon ein Verbrechen, wenn man einmal negative Gedanken hat. Das sendet eine gefährliche Nachricht, die sich in letzter Zeit, wie ein Lauffeuer verbreitet. Es sendet die Nachricht, dass etwas mit dir nicht stimmt, wenn du negative Gedanken hast und dass du zu 100 % Schuld an beispielsweise einer Depression bist. Ganz nebenbei wird auch noch erwähnt, dass der Grund, warum du noch nicht so reich und erfolgreich bist, wie du es sein möchtest, die Tatsache ist, dass du es noch nicht stark genug mit positiven Gedanken in dein Leben gezogen hast.

Natürlich verkauft sich das Buch gut, wenn versprochen wird, dass wir alleine durch positive Gedanken den Erfolg ins Leben ziehen können. Wenn ich ein Buch schreiben würde, mit dem Inhalt:

„Plane für den Erfolg, aber bereite dich auf Misserfolg vor. Dem Universum sind deine Gedanken egal.“, werden deutlich weniger Leute bereit sein ein Buch zu kaufen, das eine so bescheidende Botschaft auf seinem Cover hat.

Die versteckten Kosten der Emotionsunterdrückung

Die Unterdrückung unser Emotionen geht mit massiven Kosten für unser psychologisches Wohlergehen einher, wie zum Beispiel die Psychologen Carl Rogers und Nathaniel Branden gezeigt haben. Besonders Nathaniel zeigt, wie wir unser Selbstwertgefühl langfristig schädigen, wenn wir unsere Gefühle verleugnen.

Wenn der Perfektionist seine Emotionen ablehnt, nicht nur, indem er sich weigert, sie auszudrücken, sondern auch, indem er sich weigert, sie zu erleben, verschärfen sich diese Emotionen.

Ich lade dich ein, das folgende Experiment durchzuführen: Denke für die nächsten zehn Sekunden nicht an ein grünes Zebra. Bitte denke unter keinen Umständen an ein grünes Zebra. Aller Wahrscheinlichkeit nach konntest du kaum aufhören, über das grüne Zebra nachzudenken. Doch nach einer Weile verschwindet der Gedanke natürlich – genauso wie es jeder Gedanke schließlich tut.

Nicht umsonst haben die Buddhisten den Vergleich, Gedanken seien wie eine Wolke. Er zieht einfach vorbei. Der Versuch, einen Gedanken aktiv zu unterdrücken, ihn zu bekämpfen und zu blockieren, hält ihn frisch und intensiv. Nur weil du die Gewitterwolke nicht sehen willst, ist sie trotzdem noch da.

Viele Hedonisten glauben, dass sie Glück erhalten, indem sie ausschließlich Dinge machen, die Spaß machen und von spaßiger Aktivität zu spaßiger Aktivität springen, ohne den tieferen Sinn dahinter zu suchen.

Angenommen, man könnte an eine hypothetische Maschine angeschlossen werden, die für den Rest deines Lebens dein Gehirn anregen, würde alle positiven Gefühle zu erleben, die du dir wünschst. Die meisten Leute, denen ich diese imaginäre Wahl anbiete, verweigern die Maschine. Wir wollen die positiven Gefühle nicht einfach nur haben, wir wollen sie uns (laut heutigem Wissenschaftsverständnis nach Martin Seligman) verdienen. Obwohl wir regelmäßig, die uns zur Verfügung stehenden Shortcuts – in Form von Alkohol, Schokolade, Einkaufen, Masturbation und Fernsehen – für gute Emotionen nutzen können , ergeben sie nicht das vollständige Bild.

Wir wollen gar kein Strom von ausschließlich positiven Emotionen. Wir wollen Bedeutung und ein tieferes Glück in unserem Leben. Das beste Beispiel siehst du bei gewissen Sportarten, wie dem Kraftsport oder dem Joggen. Die Hantel ist schwer und die Füße schmerzen und trotzdem setzen wir uns wieder und wieder freiwillig diesen Schmerzen aus, weil sie kein Leid für uns bedeuten, sondern wir sogar Erfüllung in ihnen finden.

Wann immer wir eine schmerzliche Emotion unterdrücken, werden wir den Preis dafür zahlen. Schmerzhafte Gefühle sind genauso ein Teil der menschlichen Natur, wie das Gesetz der Schwerkraft Teil der physischen Natur ist und doch versuchen die meisten Menschen alles, um das nicht akzeptieren zu müssen.

Würdest du ein Flugzeug kaufen, das von einem Ingenieur entworfen wurde, der die Gesetze der Natur nicht akzeptiert? Warum wenden wir nicht die gleichen Standards für unser Leben und unser Mindset an? Warum wollen wir einer Illusion glauben, die die Basis allen Leidens ist, wenn unser eigenes Glück auf dem Spiel steht? Für eine Zivilisation, die so auf das Glücksgefühl fixiert ist, scheinen wir bemerkenswert inkompetent bei der Aufgabe.

Es ist natürlich auch einmal negative Gedanken zu haben – auch wenn unsere Gesellschaft hin-und wieder das Gegenteil propagiert. Es reicht nicht einer depressiven Person zu sagen, dass sie sich bloß daran erinnern muss, positiv zu denken. Manchmal hat man das Gefühl, dass das Motto einiger selbsternannten Gurus lautet: Lächle oder stirb.

Der Optimismus-Bias

Der Optimismus-Bias ist der Glaube, dass wir in der Zukunft eher positive Erlebnisse haben werden und es unwahrscheinlicher ist, dass negative Ereignisse uns treffen. Es ist der Glaube, dass die Zukunft besser werden wird, als die Vergangenheit. Der Optimismus-Bias ist eine sogenannte kognitive Verzerrung, die eine Person glauben lässt, dass sie ein geringeres Risiko hat, ein negatives Ereignis zu erleben.

Beispiele:

  • Menschen glauben, dass sie weniger gefährdet sind, ein Opfer zu sein als andere
  • Raucher glauben, dass sie weniger gefährdet sind, an Lungenkrebs zu erkranken als andere Raucher
  • Trader an der Börse glauben, dass sie weniger Verlusten ausgesetzt sind als andere Trader

Die Wissenschaft ist sich sicher, dass einige Formen des Optimismus und des positiven Denkens in der Tat von Vorteil sind, aber positives Denken wird gefährlich, wenn fragwürdige Ideologien dahinter stehen.

Negative Emotionen sind nicht deine Feinde

(Negative) Gefühle haben einen spezifischen evolutionären Sinn. Sie sind Feedbackmechanismen, die uns sagen, ob etwas eher richtig oder eher falsch ist. Damit ist nicht gemeint, dass etwas mit dir nicht stimmt. Genauso wie das Berühren der heißen Herdplatte eine Reaktion deines Körpers ist, ist auch Traurigkeit allein zu sein eine Reaktion des Körpers, die dir sagen könnte:“ Du bist ein soziales Wesen. Du magst die Gesellschaft anderer Menschen.“

Du merkst also, dass negative Gefühle biologische Signale sind, um dich in eine Richtung zu lenken, die sogar vorteilhaft für dich sein kann. Es gibt natürlich Emotionen, die mehr schmerzen als andere und ich maße mir gar nicht an zu wissen, wie sich der Verlust eines Kindes oder Ähnliches anfühlt, aber oft gibt uns eine negative Emotion den Impuls uns einem bisher ungelöstem Problem zu widmen- ähnlich wie beim körperlichen Schmerz.

Emotionen sind jedoch nur ein Teil in der Rechnung unseres Lebens und nicht die ganze Rechnung. Nur weil sich etwas gut anfühlt, heißt es nicht immer, dass es gut für dich ist und nur weil sich etwas schlecht anfühlt, heißt es nicht, dass es schlecht für dich ist. Beispielsweise hat sich jede Situation deines Lebens, in der du dich mutig gehandelt hast, im Moment selbst unangenehm angefühlt. Trotzdem ist etwas daraus erwachsen, das mehr Wert hat als dieser Schmerz der Unbequemlichkeit.

Emotionen – besonders negative- zu unterdrücken und zu missachten, ist gleichzeitig auch die Missachtung eines biologischen „Feedbackmechanismus“, der uns hilft Probleme zu lösen. Oft ist Schmerz daher ein Aufruf des Körpers zu handeln und erfüllt einen biologischen Zweck. Die Menschen, die du liebst, sind auch die Personen, um die du dich am meisten sorgst und daher leidest. Der Traumjob, den du verfolgst, ist auch der Job, der bei dir am meisten Stress auslöst, weil er dir wichtig ist usw.

Ich denke, dass du das Prinzip verstanden hast. Auch wenn es eine Pille ist, die manchmal schwer zu schlucken ist: Wir können nicht vor negativen Emotionen wegrennen, aber wir können sie nutzen um besser zu werden.

Wenn wir auf Kriegsfuß mit Emotionen sind und das Vermeidungsmuster anwenden, verpassen wir die wertvolle Nachricht, die hinter diesen negativen Gefühlen steht. Oft flüstern oder vielleicht schreien diese Impulse zum Handeln förmlich durch die Erfahrung von Schmerz, dass du das ändern sollst, was du gerade als Strategie verfolgst. Oder sie machen dich darauf aufmerksam, dass du einen Konflikt mit einem bestimmten Glaubenssatz hast. Vielleicht ist es ja auch der Glaubenssatz, dass Emotionen etwas Schlechtes sind.

Schmerzen sind das effektivste Mittel, um uns Menschen zum Handeln zu bringen. Kennst du es, wenn du deinen kleinen Zeh an einer Kante stößt. Es trifft immer den kleinen Zeh. Wenn du wie ich bist, schreist du Worte, für die sich Jesus schämen würde. Halt! War Jesus nicht Zimmermann? Dann hat er sich bestimmt auch ständig den Zeh gestoßen und wird den Schmerz nachvollziehen können und mein Fluchen entschuldigen können;)

Ich schweife ab… Um es vereinfacht zu sagen: Dein Körper erinnert dich, dass du das nicht mehr mach solltest und du nächstes Mal besser aufpassen solltest.

Sind negative Gedanken wirklich ein Problem?

Wenn es darum geht, den Geist zu trainieren, sind Zen Meister das Äquivalent von olympischen Athleten. Da kommt mir diese alte Zen-Parabel in den Kopf, die uns eine wertvolle Lektion über negative Gedanken erteilen kann.

Eines Tages im Kloster nähert sich ein Neuling dem Obermönch und sagt: „Meister, wie finde ich den größten Zenmeister im ganzen Land?“ Der Mönch kratzt sich den Kopf und denkt für einen Augenblick nach. Dann sagt er: „Finde den Mann, der dir sagt, dass er alle negativen Gedanken beseitigt hat. Und wenn du diesen Mann findest, wirst du wissen, dass du nicht ihn suchst.“

Mit anderen Worten, auch die größten Zen-Meister haben negative Gedanken. Auch die Menschen, die ihr ganzes Leben der Meisterung ihres Verstandes widmen, erleben keinen Strom ausschließlich positiver Gefühle.

Denk mal für einen Moment nach, wie viele Gedanken unser Verstand im Zeitraum nur eines Tages produziert? Millionen. Er muss zu allem seinen Kommentar abgeben. Es ist eine einfache Rechnung der Wahrscheinlichkeit, dass auch negative Gedanken dabei sind.

Ein weiterer allgemein anerkannter Mythos ist, dass negative Gedanken problematisch sind, weil „unsere Gedanken unsere Handlungen kontrollieren“. Wenn das wahr wäre, wäre die menschliche Bevölkerung in großen Schwierigkeiten. Wenn wir jedes Mal, wenn wir wütend sind, jemanden körperlich verletzen würden, weil unsere Gedanken unsere Handlungen kontrollieren, wäre die Welt eine reine Anarchie.

Jetzt stell dir vor, wenn diese Gedanken dich tatsächlich kontrolliert hätten. Wenn du tatsächlich all diese verletztenden Dinge getan hättest. Was wäre mit deinen engsten Beziehungen passiert? Gedanken beeinflussen sicherlich was wir tun, aber sie kontrollieren nicht, was wir tun. Bei der Menge an Gedanken, die unser Verstand produziert, ist es normal, dass auch Gedanken dabei sind, die wir als negativ bewerten.

Du bist aber nicht deine Gedanken! Glaub nicht alles, was du denkst!

Die Gefahren des Strebens nach Glück & die Feedbackschleife aus der Hölle

Wenn du nämlich davon überzeugt bist, dass du nur positive Gedanken darfst und alles andere ausschließlich Unglück in dein Leben zieht, wird dein Gespräch mit dir selbst so aussehen:

Ich bin schon wieder gescheitert. Ach halt! Ich darf ja keine negativen Gedanken denken. Warum bekomme ich noch nicht mal das hin! Ich sollte aufhören! AHHHH! Ich habe es schon wieder getan! Ich bin so ein Versager!

Willkommen in der Feedbackschleife aus der Hölle!

Mark Manson, der Autor des Buchs „The subtle art of not giving a fuck“, hat das Problem perfekt beschrieben:

Das Verlangen nach mehr positiven Gefühle ist an sich eine negative Erfahrung. Paradoxerweise ist die Akzeptanz der eigenen negativen Erfahrungen an ich eine positive Erfahrung.

Denn wenn wir glauben, dass es nicht okay ist, dass die Dinge manchmal nicht optimal laufen und dass es uns auch einmal nicht gut gehen darf, dann beginnen wir unbewusst, uns selbst zu verurteilen und das Streben nach Glück wird zur Feedbackschleife aus der Hölle.

The law of reversed effort (Das Gesetz der umgekehrten Anstrengung)

Hast du jemals einen dieser alten Filme gesehen, wo der Bösewicht im Treibsand stecken bleibt und je mehr er kämpft, desto schneller zieht es ihn nach unten? Wenn du jemals im Treibsand stecken bleiben solltest, sind der Kampf dagegen und das Strampeln das Schlimmste, was du tun kannst.

Was du tun musst, ist es dich zurückzulegen, deine Arme auszubreiten und so still wie möglich auf der Oberfläche schwimmend zu liegen. Dann musst du einfach wie in den Westernfilmen nach deinem Pferd pfeifen, das kommt, um dich zu retten! In dieser Situation ist es schwierig, weil jeder Instinkt dir sagt, dass du versuchen willst zu entkommen. Aber wenn du nicht aufhörst zu kämpfen, wird der Sand immer dichter und härter. Sicher ist es nicht gerade lustig still auf dem Treibsand zu liegen, aber es bewahrt dich vor dem Tod!

Das gleiche Prinzip gilt für schwierige Gefühle: Je mehr wir versuchen, sie zu bekämpfen oder sie von uns wegzuschieben, desto mehr ersticken sie uns.

Schlammiges Wasser wird wieder klar, indem man es in Ruhe lässt. – Alan Watts

Das Ganze wurde vom Philosophen Alan Watts “ das Gesetz der umgekehrten Anstrengung bzw. „the law of reversed effort“. Je härter wir mit dem bewussten Willen versuchen, etwas zu tun, desto weniger wird es uns gelingen. Das lässt sich 1:1 auf das Streben nach Glück übertragen. Je mehr wir Glauben irgendwas jagen oder besitzen zu müssen, um glücklich zu sein, desto mehr glauben wir, dass wir im Jetzt unglücklich sind.

Auch im Buddhismus ist diese Weisheit verankert: Es sind nicht die Schmerzen, die das Leiden erzeugen, sondern der Widerstand gegen die Realität und das, was im Jetzt ist. Schmerz ist durchaus real. Leiden dagegen ist eine Wahl.

Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen und Meinungen von den Dingen.- Epiktet

Der Versuch, die Dinge ausschließlich in einem positiven Licht zu sehen und permanent nach hedonistischem Glück zu streben, ist eine Haltung, die ständige Anstrengung erfordert und ist ein Verdrändungsmechanismus. Denn, wenn die Verdrängung nicht erfolgreich ist, sind sie mit einem unerwarteten Schock konfrontiert und sinken tiefer in eine Depression. Der destruktive Glaubenssatz , dass negative Gedanken deine eigene Schuld sind und du diese nicht fühlen darfst, erzeugt massiven Schmerz.

Wie unser Verlangen uns im Weg steht

„Erfülle alle deine Wünsche und du wirst glücklich.“, bleibt das Mantra des modernen Lebens. Fast alle unsere Handlungen, die wir in der Gegenwart treffen, führen wir durch, um ein zukünftiges Ziel zu erreichen, das wir uns wünschen. Aber funktioniert das wirklich?

Hedonistische Anpassung

Kannst du dich an eine Zeit erinnern, in der du über eine Sache fantasiert hast und darüber geträumt hast, aber zum Zeitpunkt, als du es bekommen hast, warst du lange nicht so glücklich, wie du gedacht hättest und die Emotion war lange nicht so intensiv, wie gedacht ?

Erinnere dich beispielsweise an ein Geschenk aus der Kindheit, das du unbedingt haben wolltest. aber dann als du es bekommen hast, ignoriert hast. Warum passiert das?

Unter der hedonistischen Tretmühle auch bekannt als hedonistische Adaption versteht man die Tendenz der Menschen nach einem stark positiven oder negativen Ereignis relativ schnell wieder zu einem stabilen Glückslevel zurückzukehren.

Dass Glück relativ zu sein scheint, ist eine uralte Annahme. Doch trotz der Bedeutung dieser Aussage für die Philosophie und die Gesellschaft gab es keine empirischen Studien zu diesem Thema bis zum 20. Jahrhundert. Im Jahr 1978 haben Brickman, Coates & Janoff-Bulman eine Studie durchgeführt, um die Annahme zu prüfen, dass bedeutsame Ereignisse langfristig geringe Effekte auf das subjektive Glück haben.

Um diese Annahme zu testen, wurden diverse Studien durchgeführt. In der Studie verglichen sie das Glück von drei Gruppen: eine Gruppe von Lotteriegewinner, eine Gruppe von Menschen, die durch einen Unfall gelähmt wurden und einer Kontrollgruppe.

Die Stichprobe bestand aus drei Gruppen: 22 Lotteriegewinner, 18 gelähmte Menschen und 22 Personen aus einer Kontrollgruppe. Mit allen Versuchsteilnehmern wurden Kurzinterviews durchgeführt. Das Ziel war, das jetzige, das vergangene und das erwartete Glück, sowie die empfundene Freude bei alltäglichen Aktivitäten zu erfassen. Dafür wurde einer 6-Punkte-Skala benutzt, wobei 0 der niedrigste und 5 der höchste Wert war. Die Zeit zwischen dem Interview und dem kritischen Ereignis (Lotteriegewinn bzw. Unfall) betrug zwischen einem Monat und einem Jahr.

Schlussfolgerungen aus den Studien von Brickman, Coates & Janoff-Bulman

Sie kamen zu drei Schlussfolgerungen:

  • Lotteriegewinner haben weniger Freude an alltäglichen Ereignissen als die Kontrollgruppe.

Dieser Effekt kann durch „Adaptations-Niveau-Theorie“ von H. Helson erklärt werden und führt zu der überraschenden Tatsache, dass Lotteriegewinner in der Regel nicht glücklicher sind als Menschen, die nicht in der Lotterie gewonnen haben.

  • Das Glückslevel nach einmal sehr starken Einzelereignis sprang wieder auf den zuvor bestehenden Ursprungszustand zurück
  • Die insgesamt positive oder negative Auswirkung eines einzigen positiven oder negativen Ereignisses sollte nicht überschätzt werden.

Auch wenn es ein kurzfristiges Hoch in den Glücksgefühlen ist, wird es wieder zum ursprünglichen Setpoint zurückspringen. Egal ob du ein neues Haus kaufst, den Job verlierst, einen Unfall erleidest oder Geld im Lotto gewinnst, nach kurzer Zeit kehrt man wieder zu diesem Setpoint zurück.

Es ist zwar schade, dass wir durch mehr Wohlstand nicht glücklicher werden, aber viel wertvoller ist eigentlich die Tatsache, dass diese hedonistische Anpassung als Auffangnetz für schlechte Zeiten sehr hilfreich ist. Unser Körper ist ein echtes Wunderwerk, wenn es darum geht uns an neue und schwierige Situationen anzupassen.

Du wirst vielleicht sagen: Dominique, für diese Regel gibt es doch bestimmt Ausnahmen. Du hast Recht. Es gibt ein Einzelereignis, das das Glückslevel eines Menschen empirisch belegt langfristig anheben kann: Brustvergrößerungen bei Frauen. Ich weiß nicht, warum, aber laut Studien ist das der Fall. Kein Spaß: Es gibt tatsächlich Studien dazu.

Ein Gedankenexperiment zum Verlangen und dem Streben nach Glück:

Angenommen, du wachst eines Morgens auf und entdeckst, dass du der letzte Mensch auf Erden bist. Trotz der Abwesenheit von anderen Menschen bleiben die Gebäude, Geschäfte und Straßen, wie sie die Nacht zuvor waren. Der Strom funktioniert immer noch. Es wäre eine Welt, die genauso ist wie jetzt, außer dass du allein auf der Welt bist. Du würdest natürlich sehr einsam sein, aber wir ignorieren die emotionalen Aspekte für dieses Gedankenexperiment einmal.

Stattdessen fokussieren wir unsere Aufmerksamkeit auf die materiellen Aspekte. In der beschriebenen Situation könntest du all deine materiellen Wünsche befriedigen, die du in unserer wirklichen Welt nicht befriedigen kannst. Du hättest dein Traumauto, könntest in einer Villa wohnen, sehr teure Kleidung tragen und einen Diamantring an jedem Finger tragen.

Die interessante Frage ist eher: Würdest du diese Dinge ohne die Bewunderung von anderen Menschen überhaupt wollen? Wäre das alles noch wertvoll, wenn alle anderen Menschen verschwunden wären? Wahrscheinlich nicht.

Dieses Gedankenexperiment zeigt, dass unsere Wünsche drastisch abnehmen würden, wenn wir niemanden beeindrucken müssten. Unsere Anforderungen würden sich wahrscheinlich auf die Befriedigung unser wesentlichen Wünsche beschränken: Nahrung, Wasser, Unterkunft… Es ist sehr Augen öffnend und spannend zu erkennen, wie viel Energie und Zeit wir damit verbringen, die Zustimmung und Anerkennung unser Mitmenschen zu bekommen.

Wenn wir eine Zählung von unseren Wünschen vornehmen, werden wir feststellen, dass die überwiegende Mehrheit unsere Wünsche instrumentell sind. Die meiste Zeit arbeiten wir an einem Ziel, und aus diesem Grund bilden wir Wünsche, deren Erfüllung es uns ermöglicht, dieses Ziel zu erreichen.

Wir müssen die 60 Stundenwoche durcharbeiten, um befördert zu werden. Warum haben wir den Wunsch befördert zu werden? Weil wir dann mehr Geld verdienen! Um warum wollen wir mehr Geld verdienen? Um glücklicher zu sein und Schmerz zu vermeiden. Darauf läuft es im Endeffekt immer hinaus. Wir tun das, was wir tun, um Glück zu empfinden und Schmerz zu vermeiden.

Anstatt über Umwege (wie Konsum) zu versuchen zum Glück zu kommen und es aufgrund der hedonistischen Tretmühle nicht zu erreichen, können wir uns direkt dem Glück zuwenden. Erinnerst du dich an Mark Mansons Regel:

Das Verlangen nach mehr positiven Gefühle ist an sich eine negative Erfahrung. Paradoxerweise ist die Akzeptanz der eigenen negativen Erfahrungen an ich eine positive Erfahrung.

Und was ist unsere Belohnung für das Beherrschen des Verlangens? Eine tieferes Glück und eine nie da gewesene innere Ruhe.

In einer Szene in Steven Pressfields Buch über Alexander den Großen erreicht Alexander einen Fluss, der nur durch einen Philosophen versperrt wird, der sich weigert, sich zu bewegen. „Dieser Mann hat die Welt erobert! Was hast du in deinem Leben zustande gebracht?“, ruft einer von Alexanders Männern. Der Philosoph antwortet: „Ich habe mein inneres Verlangen danach gemeistert, die Welt erobern zu müssen.“

Vielleicht darf ich dir eine alternative Definition des Erfolgs vorschlagen. Erfolg heißt nicht niemals einen Rückschlag zu erleben. Erfolg ist Seelenfrieden- ein direktes Ergebnis der Selbstzufriedenheit aus der Erkenntnis, dass du dein Bestes gegeben hast, um die beste Person zu werden, die du sein kannst.

Ehrgeiz bedeutet dein Wohlbefinden an das zu klammern, was andere Leute sagen oder tun… Vernunft bedeutet es an deine eigenen Handlungen zu binden. – Marcus Aurelius

Versteh mich nicht falsch: Ich bin nicht dagegen, zu genießen, was das Leben zu bieten hat, einschließlich Reichtum, Freundschaft und Gesundheit, aber ich bin dagegen mein Glück von äußeren Umständen abhängig zu machen und ein spontanes Verlangen zu einem MUSS zu machen. Es geht nicht darum Wünsche zu verbannen, sondern das krankhafte „Müssen zu eliminieren.

  • Ich muss reich sein.
  • Wir müssen immer von jedem gemocht werden.
  • Ich muss immer positiv denken.
  • Wir müssen uns anpassen.

Wir Menschen glauben seltsamerweise oft, dass wir die absolute Kontrolle über uns selbst und die Welt um uns herum haben. Die Folge: Massiver Schmerz, wenn etwas nicht nach unseren Vorstellungen verläuft.

Absolute Aussagen des Müssens stellen sich gegen die Realität. Niemand kann ewig in einem idealen Zustand leben. Radikale Akzeptanz von dem, was ist, ist die Grundlage für jede Veränderung.

Eine Person, die sich entschlossen hat, ausschließlich „positiv zu denken“, muss ständig ihre Gedanken wie ein Adler kontrollieren. Das Scannen wird die Aufmerksamkeit auf die Anwesenheit von negativen Gedanken lenken.

Wie du ein ungeahntes Level an Glück in „negativen Gedanken“ findest

Momento mori & stoisches Glück

Doch auch wenn wir kein Glück im Erfolg der Zukunft finden werden, können wir die Zukunft nutzen, um unser Glückslevel in der Gegenwart zu erhöhen.

Momento mori- Gedenke zu sterben. Du wirst dich fragen: Glück und sich daran erinnern, dass man sterben wird. Was hat das miteinander zu tun?

Die beste Analogie, die ich jemals gehört habe, ist, dass der Tod wie die Sonne ist. Sie beeinflusst jeden Teil unseres Lebens, aber es macht keinen Sinn rein zu starren. Auch Tod und Sterben gehören dazu: Lass uns doch lernen damit umzugehen und sogar Kraft aus der Erkenntnis schöpfen.

Auch wenn die Wissenschaft und die Technologie die Lebenserwartung immer weiter verlängert, muss ich mir eingestehen, dass ich und alle, die ich liebe, sterben werden. Wir gehen einmal davon aus, dass die Lebenserwartung sich nicht, aufgrund der Technologie und Medizin, von 90 auf 700 erhöht.

Vielleicht werden einige von euch sagen: Was zur Hölle? Wie soll ich mit so einer Erkenntnis glücklich sein?

Der Fernsehsender BBC hat einmal eine Geschichte geteilt, die den Namen “Bhutan’s Dark Secret to Happiness” trug, veröffentlicht, die er erklärt, warum die Leute im Bhutan so glücklich sind. Der Grund ? Sie dachten täglich 5 Mal an den Tod. Das Ganze ist in einer Studie aus dem Jahr 2007 festgehalten worden.

Es scheint also so, als ob die Achtsamkeit in Bezug auf unsere Sterblichkeit eins der Geheimnisse für Glück ist. Als ich das erste Mal davon gehört habe, war meine Reaktion darauf: „Das ist doch absolut lächerlich. Das stürzt mich doch eher in eine Depression.“ Doch eine weitere Studie zeigt sogar, dass jemand, der das Gefühl hat nur noch sehr wenig Zeit auf dieser Erde zu haben, eher Freude und Dankbarkeit bei gewöhnlichen Situationen empfindet und damit glücklicher ist.

Auch Steve Jobs hat bei seiner berühmten Rede in Stanford im Jahr 2005 sagte, dass der Gedanke an seinen Tod sein Erfolgsgeheimnis sei:

Mich daran zu erinnern, dass ich eines Tages tot sein werde, hat mir eines der wichtigsten Werkzeuge gegeben um große Entscheidungen in meinem Leben zu treffen. Weil fast alles- alle äußeren Erwartungen, jeder Stolz, jede Angst sich zu blamieren oder zu scheitern im Angesicht des Todes weg fällt.

Sich daran zu erinnern, dass man sterben wird, ist die beste Möglichkeit, die Falle zu vermeiden zu denken, dass du etwas zu verlieren hast. Es gibt keinen Grund nicht deinem Herzen zu folgen.

Dankbarkeit gegen die Angst vor dem Tod

Dankbarkeit rückt in Perspektive, wie wertvoll doch jeder Moment ist und mit wie viel Freude wir unser Leben leben könnten.

Oft nehmen wir Dinge als gegeben und selbstverständlich hin, die alles andere als selbstverständlich sind. Die Möglichkeit fließendes, warmes Wasser aus dem Wasserhahn zu bekommen, den Kühlschrank zu öffnen und eine Fülle an Lebensmitteln zu haben und in einem friedvollen Land zu leben, in dem es keinen Krieg gibt, ist ein Luxus, den Millionen von Menschen nie erleben werden.

Gerade deshalb muss ich mir das in meinem 5- Minuten- Journal immer wieder bewusst machen. Dankbarkeit hilft uns zu sehen, dass die Dinge, die wir nebenbei als selbstverständlich betrachten, eigentlich enorm wertvoll sind.

Achtsamkeit in Bezug auf den Tod ist eine meiner wichtigsten täglichen Rituale. Es rückt alles in die richtige Perspektive und gibt mir Klarheit, was mir wirklich wichtig ist und ändert dadurch meine Priorisierung.

Es hat erstaunliche Auswirkungen: Es macht es wirklich schwierig wütend auf jemanden zu sein, der mir etwas bedeutet. Was wäre, wenn es mein letztes Treffen mit ihm oder ihr wäre? Wie viel Empathie und Dankbarkeit würde ich dann zeigen?

Ich denke, dass du meine Nachricht dahinter nachvollziehen kannst. Ich will dich gar nicht überzeugen das Selbe auch zu versuchen, sondern nur dazu einladen.

Achtsamkeit in Bezug auf den Tod

Erinnere dich mindestens einmal pro Tag- am besten morgens – dass wir alle eines Tages sterben werden.

  • Eines Tages werde ich sterben. Jeder Moment hier ist wertvoll
  • Eines Tages werden auch alle Personen, die ich liebe nicht mehr hier sein. Jeder Moment, den ich mit ihnen verbringen darf, ist ein Geschenk.

Doch man verliert am meisten von seinem Leben durch Aufschub. Der nimmt einen Tag nach dem andern weg, der raubt uns die Gegenwart, indem er uns Hoffnung auf Künftiges macht. Das größte Lebenshemmnis ist das Warten, das sich ans Morgen klammert und das Heute verliert.

 

Negative Visualisierung

Wenn unsere Strategie für das Glück davon abhängt die Realität nach unserem Willen biegen zu müssen, haben wir keine gute Strategie gewählt. Das Beste, was du tun kannst, ist, zu beten, dass nicht so viel schief gehen wird. Die Stoiker, die die Begründer der negativen Visualisierung sind, verleugnen die Realität nicht, sondern bereiten sich darauf vor, in dem sie sich das Worst-Case-Szenario vorstellen.

Einige Gurus des positiven Denkens fallen jetzt aus allen Wolken und glauben, dass man sich verbieten muss einmal negative Dinge zu denken und dass die Stoiker, weil sie das Worst-Case-Szenario in Betracht ziehen, zum Pessimismus neigen würden. Im Gegenteil: Stoiker schöpfen daraus eine Menge an Erfüllung.

Dank der hedonistischen Anpassung fangen wir an das Leben und alles Gute in unserem Leben als selbstverständlich zu nehmen. Anstatt unsere Tage damit zu verbringen, unser Glück zu genießen, verbringen wir sie, um uns mit der nie endenden Suche nach Mehr zu quälen. Infolgedessen sind wir mit unserem Leben nie zufrieden. Negative Visualisierung kann uns helfen, dieses Schicksal zu vermeiden.

Wir Menschen sind zum großen Teil unglücklich, weil wir unersättlich sind. Nachdem wir hart gearbeitet haben, um zu bekommen, was wir wollen, verlieren wir routinemäßig das Interesse an dem Gegenstand unseres Wunsches. Anstatt uns zufrieden zu fühlen, fühlen wir uns nicht erfüllt und streben nach immer größeren Wünschen.

Normalerweise kennzeichnen wir einen Optimisten als jemanden, der sein Glas als halb voll und nicht halb leer sieht. Für einen Stoiker wäre dieser Optimismus nur ein Ausgangspunkt. Nachdem er seine Wertschätzung ausgesprochen hat, dass sein Glas halb voll ist, anstatt völlig leer zu sein, wird er noch einmal betonen: Es könnte doch kaputt oder gestohlen werden.

Das klingt zunächst ein bisschen kontraintuitiv klingen, aber für jemandem, der seine Freude und Dankbarkeit nicht verloren hat, ist die Welt ein wunderbarer Ort. Hedonistische Anpassung hat die Kraft unseren Genuss und unsere Dankbarkeit für das Leben auszulöschen. Wegen der Anpassung halten wir unser Leben und Alles darin für selbstverständlich, anstatt uns daran zu erfreuen.

Negative Visualisierung ist jedoch ein starkes Gegenmittel gegen die hedonistische Anpassung. Indem wir uns bewusst über den Verlust von dem, was wir haben, nachdenken, können wir unsere Wertschätzung dafür wiedererlangen, und mit dieser wiedergewonnenen Wertschätzung können wir unsere Fähigkeit zur Freude wiederbeleben.

Sie besteht darin während des Tages in regelmäßigen Abständen zu pausieren, um darüber nachzudenken, dass wir nicht ewig leben werden und deshalb dieser Tag unser letzter sein könnte. Solche Reflexion verwandelt uns nicht in Hedonisten, sondern lässt uns wertschätzen, wie wunderbar es ist, dass wir am Leben sind und die Gelegenheit haben, diesen Tag mit Aktivität zu füllen.

Ein Grund, warum Kinder so frei und glücklich sind, ist, weil sie fast nichts als selbstverständlich ansehen. Für sie ist die Welt wunderbar neu und überraschend. Aber häufig verlieren wir diese Gabe. Träumer, die die Welt um sie herum mit Freude annehmen, werden für verrückt erklärt, während viele Menschen stolz auf die Unfähigkeit sind, Glück in den Alltagsmomenten zu finden.

Klar können wir den wunderschönen Sonnenuntergang ignorieren, der vor unserem Fenster aufflammt, um uns bitterlich über das Wetter oder die deutsche Bahn oder dass im Fernsehen nichts läuft zu beklagen. Negative Visualisierung ist daher ein wunderbarer Weg, um unsere Wertschätzung des Lebens und damit unsere Fähigkeit zur Freude wiederzuerlangen, weil wir uns unserer Vergänglichkeit bewusst sind.

Wir analysieren unsere Umstände nicht in Bezug auf das, was uns fehlt, sondern in Bezug darauf, wie viel wir haben. Es wird ein letztes Mal geben, dass wir das Geräusch von Fußstapfen im Schnee hören werden, den Mond beobachten werden, Sex haben werden oder die Wärme eines Kindes oder des Partners oder der Partnerin fühlen werden.

Irgendwann wird es der letzte Atemzug sein. Ich lehne es ab am Ende eines ungelebten Lebens, voller selbst erzeugter Qual, zu sterben und nehme das Leben lieber als das Geschenk an, das es ist. Was ist mit dir?

Negative Visualisierung & fear setting

Die Übung der negativen Visualisierung ist vor allem durch Tim Ferriss, den Autor der 4 Stunden-Woche in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Hier findest du eine kleine Anleitung dazu:

Das Unglück wiegt am schwersten auf diejenigen, die nichts als Glück erwarten.- Seneca

  • 1) Du analysierst die Situation ohne Angst, offen und ehrlich, und überlegst, was die schlimmste Folge sein könnte.
  • 2) Nachdem du dir die schlimmst möglichsten Folgen klar gemacht hast, kannst du beschließen, dich gegebenenfalls damit abzufinden.

Auf einer Skala von 1-10 sind die meisten unser „Probleme“ meistens nur eine 5 und wenn du in Deutschland lebst, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass du nicht an Hunger und Unterernährung stirbst.

  • 3) Was könntest du tun, um wieder Boden unter den Füßen zu bekommen und die schlimmst möglichen Folgen, die du geistig bereits akzeptiert hast, abzumildern und wieder zurück zur Ursprungssituation zurück zu kehren?
  • 4) Was ist das realistische Endresultat aus der Situation? Ist es WIRKLICH so wahrscheinlich, dass das Allerschlimmste eintritt? Visualisiere die realistische Situation in der Zukunft!
  • 5) Was ist, wenn du die schweren Zeiten sogar gut überstehst? Was ist wenn du sie nicht nur gut überstehst, sondern dadurch als Persönlichkeit mental unerschütterlich wirst und ein ungeahntes Glückslevel erreichst?

So hat man mit dieser Form der Visualisierung die Möglichkeit, seine aktuelle Situation wert zu schätzen und als nicht selbstverständlich zu erkennen. Es ist eben nicht selbstverständlich, dass wir in Deutschland leben, gesund sind, Familie haben, lesen und schreiben können usw. Allzu oft vergessen wir das. Diese Übung dagegen holt uns wieder zurück ins „Hier und Jetzt“.

Übe! Bereite dich mental darauf vor. Stell dir vor, wie du die Schwierigkeit überwindest. Unser menschlicher Verstand ist Millionen von Jahren darauf konditioniert nur das Negative zu finden.

Optimismus ist ein fester Bestandteil des Glücks. Ziele und Wünsche können eine wichtige Triebfeder in unserem Leben sein. Auch positives Denken und positive Visualisierung haben ihren Platz.

Was ich dir mit diesem Beitrag jedoch zeigen wollte, war, dass das einseitige positive Denken und das Streben nach Glück auch seine Gefahren haben. Was ich dir als Alternativlösung vorschlagen kann, ist es nicht nur dein „positives Ich“ zu akzeptieren und lieben zu lernen, sondern dein vollständiges, authentisches Ich.

Du musst kein Heiliger sein – ein Mensch reicht!